6.1.1.2 may (= dürfen)

May entspricht einerseits weitgehend dem deutschen 'dürfen', zeigt also an, dass irgendeine Instanz ein bestimmtes Handeln erlaubt. Andererseit zeigt may an, dass ein bestimmtes Ereignis möglicherweise, aber nicht mit Gewißheit, eintritt. May hat also zwei Bedeutungen, die sich deutlich unterscheiden. Achten Sie auf das letzte Beispiel in der unten stehenden Tabelle.

Konjugation von may
Singular Plural
1. Person I may ich darf we may wir dürfen
2. Person you may du darfst you may ihr dürft
3. Person he / she / it may er / sie / es darf they may sie dürfen

Auch hier sieht man, dass die dritte Person Singular kein 's' erhält und damit die Konjugation des Verbs keinerlei Veränderungen aufweist. Alle Formen sind gleich.

Beispiele (examples)
He may open the window.
Er darf das Fenster öffnen. (Er hat die Erlaubnis, das Fenster zu öffnen.)
She may eat chocolate.
Sie darf Schokolade essen. (Sie hat die Erlaubnis, Schokolade zu essen.)
The children may watch TV.
Die Kinder dürfen fernsehen. (Jemand hat es den Kindern erlaubt fernzusehen.)
Dr. Peters may do the lecture today*.
Dr. Peters hält möglicherweise die Vorlesung heute.


* Dr. Peters wird kaum um Erlaubnis gebeten haben, die Vorlesung zu halten. Daher wäre eine Übersetzung im Sinne einer Erlaubnis eher ziemlich unsinnig.

Die Schwierigkeit für Deutsch Muttersprachler und im übrigen für den Rest der Welt, dem Autor ist keine Sprache bekannt, die hier nicht klar trennt, besteht darin, zumindest in der Theorie, dass zwischen Erlaubnis und hypothetischer Annahme im Deutschen strikt getrennt wird. Bei Erlaubnis haben wir können bzw. dürfen im Indikativ und bei hypothetischen Annahmen haben wir können b zw. dürfen im Konjunktiv.

a) Er kann tun und lassen, was er will.
b) Er könnte tun und lassen, was er will.

Wir erwarten bei a) keine Einschränkung. Bei b) allerdings erwarten wir eigentlich einen Nachsatz, der erklärt, warum er eigentlich nicht tun und lassen kann was er will.

a) Er darf auch Milchprodukte essen.
b) Er dürfte auch Milchprodukte essen.

Gleiche Liga. Bei b) erwarten wir einen Nachsatz, denn tatsächlich hat er wohl eine Laktoseintoleranz und darf wohl doch keine Milchprodukte essen.

Einen so klaren Cut haben wir im Englischen nicht, was die Sache ein bisschen verwirrend macht. Allerdings nicht allzu sehr, denn zu may / might gibt es ein große Anzahl sehr einfacher Alternativkonstruktionen. Möglichkeit z.B. kann man schlicht mit perhaps (vielleicht) ausdrücken, für Erlaubnis geht immer auch to be allowed. Um nur mal zwei Beispiel zu nennen. Will man aber aus welchen Gründen auch immer mit may konstruieren, kann der Satz doppeldeutig sein.

I may not go to the movies tonight.
=> Vielleicht gehe ich heute nicht ins Kino. (Perhaps I don't go the cinema tonight.)
=> Ich darf heute nicht ins Kino gehen. (I am not allowed to go to the cinema today.)

Eine andere Option wäre die Konstruktion mit might. (So man denn nicht einfach eine der zahlreichen einfachen Alternativen wählen will.)

I might not go to the movies tonight.
=> Vielleicht gehe ich heute nicht ins Kino.

Mit may kann man auch höflich um etwas bitten. Dann ist es wahrscheinlich höflicher oder formeller als mit can zu fragen.

May I have a coffee, please?
(Can I have a coffee, please?)
Kann ich einen Kaffee haben ? (Darf ich einen Kaffee haben?)

Vermutlich ist das nicht nur so, wenn man selbst höflich anfragt, sondern auch wenn man anderen höflich etwas aufträgt.

You may go now.
You can go now.
Du kannst gehen. (Du darfst gehen.)

Möglicherweise ist may in diesem Kontext höflicher als can, aber bei beiden Varianten haben wir ein Verhältnis der Subordination.






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